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2 Wirtschaftliche Entwicklungen

2.1 Die Ratsmühle

Nicht erwähnte man in der Statistik von 1600 die Dalenburger Mühlen, die Kabela-, die Bussen- und die Ratsmühle.

Die Kabela-Mühle ging schon im Mittelalter ein. Die Bussenmühle an der Neetze hinterließ neben der gleichnamigen Straße die Flurbezeichnung Bussenmühle. Hier pflügte Jürgen Meier, Dahlem, 1986 alte Eichenbohlen als Zeugen der Vergangenheit aus.

Die Ratsmühle, heute Lagerhaus der Molkerei, wurde von der Stadt als ,,Erbenzins" vergeben.

Der Mühlenhof grenzte an die Ländereien des Gutes. Nach einer Akte aus dem 17. Jahrhundert brachen einmal die Pferde des Müllers aus und galoppierten auf die Koppel des Gutes. Der Gutsherr ließ sie einfangen und an einen Pfahl ketten. Gegen ein Pfandgeld von 4 rth. löste sie der Müller aus. Während der Gutsherr das Pfandrecht selbst anwenden konnte, entschied in der Stadt der Bürgermeister und auf dem Lande der Vogt über die Anwendung des Pfandrechtes.

1824 war Wedemeyer Müller, und Nachfolger wurde sein Schwiegersohn Johann Friedrich Mahnke (Mannecke). Als 1854 seine Mühle abbrannte, baute er sie neu auf und errichtete auf der Wassermühle zusätzlich eine Windmühle. 1856 beantragte er die Genehmigung dieses bereits vollzogenen Baues. Man ließ ihn warten und warten, und der Magistrat schloß ihm die Mühle auf Anordnung des Amtes Bleckede. Die Dahlenburger mußten nun die umliegenden Mühlen aufsuchen, dort stundenlang ausharren, so daß sie schließlich Eingaben machten und um die Eröffnung des Mahlbetriebes baten. Gegner des Müllers und Bauern aus Harmstorf planten den Bau einer Windmühle auf dem Heidberg.

Ein diesbezügliches Schreiben sandte der Bürgermeister Uhthoff am 29. Februar 1856 an das Amt Bleckede. Er fügte seinem Antrag eine genaue Aufstellung über die nächsten Mühlen zu (Neetzendorf-Dahlenburg-Hungersdorf) und ein Verzeichnis von Ortschaften, die im Umkreise einer halben geographischen Meile vom Heidberg entfernt lagen und der Einwohnerzahl nach einer Zählung vom 3. Dezember 1855:

Flecken

Dahlenburg

945 Einwohner

Ahndorf

69 Einwohner

Dorfschaft

Quickborn

70 Einwohner

Seedorf

98 Einwohner

Dorfschaft

Buendorf

45 Einwohner

Hungersdorf

14 Einwohner

Dorfschaft

Dahlem

82 Einwohner

Riecklingen

68 Einwohner

Dorfschaft

Lemgrabe

81 Einwohner

Vindorf

43 Einwohner

Dorfschaft

Mücklingen

70 Einwohner

Leestahl

40 Einwohner

Dorfschaft

Süschendorf

58 Einwohner

Harmstorf

119 Einwohner

Dorfschaft

Neetzendorf

74 Einwohner

Gut Horndorf

40 Einwohner

Dorfschaft

Gut Horn

19 Einwohner

Eimstorf

44 Einwohner

     

Summa

1.979 Einwohner

Aus dem Protokoll einer Ratssitzung vom 29. April 1856 ging hervor, daß die Anwesenden, der Bürgermeister Uhthoff, der Ratsmann Buhlert und die Bürgervorsteher Bahlcke, Hartmann sen., Hartmann jun. und Voigts über den Antrag des Müllers Mahnke zur Errichtung einer Windmühle sprachen.

Besorgt äußerten sich die Magistratsangehörigen über das Bannrecht, das der Müller beanspruchte und neu beantragt hatte. Das bedeutete, daß alle innerhalb des Bannbezirkes der Dahlenburger Mühle Wohnenden ihr Korn in Dahlenburg mahlen lassen mußten. Die Mühle, die ursprünglich dem Rat gehörte, war verkauft worden mit dem darauf ruhenden Bannrecht, aber, so glaubte man, unter der Bedingung, daß die Dahlenburger vor anderen ,,Mahlgästen" abzufertigen seien.

Einerseits erschien den besorgten Stadtvätern eine Verstärkung der Mahlkraft der Wassermühle durch eine zusätzliche Windmühle im Interesse der Bürgerschaft wünschenswert, andererseits trug das Bannrecht dazu bei, die Macht des Müllers, den Zwang, den er auferlegen konnte, zu verstärken. Sie waren darüber erbost, daß er in der Vergangenheit die Mühle betrieben hatte, wann es ihm paßte, daß er die Kunden bediente, wie er es Für richtig hielt, daß z.B. Bauern, die mehr Korn brachten, vor den Dahlenburgern drankamen, daß er die Neetze staute, wenn das Heu auf den Wiesen lag, und daß die Verschlammung des Flußbettes voranschritt, ohne daß er etwas dagegen unternommen hätte.

Die Herren des Rates saßen nun selbst in einer Zwickmühle, aus der sie sich befreien wollten, indem sie die Errichtung einer zusätzlichen Windmühle auf dem Heidberg begrüßten.

Dabei faßte man die Tatsache ins Auge, daß die Dahlenburger Ratsmühle das Bannrecht nie ausgeübt hatte, und daher ein Mahlzwang nicht bestand. Viele Eingesessene besuchten die Mühlen zu Hungersdorf (Marienau), Ellringen und Neetzendorf, auch wenn kein besonderer Anlaß, wie Wassermangel oder bei starken Regenfällen ein Rückstau, vorlag.

Mannecke hatte das Gesuch für ein Bannrecht erneut eingereicht, um der möglichen und schon gefürchteten neuen Konkurrenz in nächster Nähe zu begegnen, meinte weiter der Rat. Mit diesem Hinweis hatten die Stadtväter nicht unrecht, da sie und vor allen Dingen die Bauern aus Harmstorf den Bau einer neuen Windmühle auf dem Heidberg unterstützten und schon einen Müller vorweisen konnten.

So schrieb der Amtsvogt und Bürgermeister Uhthoff am 29. Februar 1856 an das Amt Bleckede ,,betreffend die Anlage einer Windmühle durch den Müller Lammers" in Punkt 6 ,,Belangend die persönlichen und Vermögensverhältnisse des Müllers Lammers, so vermag ich darüber, weil der Bittsteller mir nicht näher bekannt, nur dasjenige zu referieren, was von den Eltern desselben mir mitgetheilt worden; hiernach ist derselbe gegenwärtig 26 Jahre alt, und seit seinem 18ten Lebensjahr nach Zurücklegung einer 3jährigen zünftigen Lehrzeit auf der Mühle zu Guhtiz Amts Neuhaus i/L auf der Wanderschaft begriffen gewesen, hat während der letztverflossenen beiden Jahre aber in Carrenzien, vorgedachten Amtsbezirk als Müllergesell gearbeitet, an selbsterworbenem Vermögen 500 rth sich erspart. Dagegen an Kindestheil 2500 rth zu gegenwärtigen. Die Familie Lammers - ausser den Eltern aus vier erwachsenen Kindern, dreien Söhnen und einer Tochter bestehend - ist allererst seit etwa 7 Jahren in hiesigem Flecken ansässig, nachdem von derselben das Schwerinsche Vollbürgerwesen für die Summe von 10.000 rth käuflich acquirirt worden, von welchem Kaufpreise etwa die Hälfte abgetragen sein mag." (2)

Von beiden Seiten schickte man Schreiben nicht nur nach Bleckede, sondern weiter an die Landdrostei Lüneburg und nach Hannover.

Am 26.2.1862 ersuchten schließlich die Gastwirte und Bäcker Dahlenburgs und die Bauern aus Buendorf das königliche Ministerium um die Öffnung der Mühle. Viele Bürger erlebten nämlich immer wieder, daß sie in den anderen Mühlen zum Schluß abgefertigt wurden, so daß sie oft stundenlang warteten, während die viel später eintreffenden Bauern zuerst bedient wurden. Doch die Mühlen der Justiz mahlten langsam. 1863 verstarb der Müller, und sein Sohn Fritz übernahm den stillgelegten Betrieb. 1864 erschien in der Hannoverschen Zeitung eine Notiz, daß sich alle, welche gegen die Benutzung der Mühlanlage in Dahlenburg wären, melden sollten. So verstrich ein weiteres Jahr.

Als König Georg V. 1865 durch Dahlenburg ritt, prangte der Ort zu seiner Begrüßung im bunten Fahnenschmuck, nur auf einem Mühlenflügel flatterte eine schwarze Fahne im Winde. Die Begleitung machte den König darauf aufmerksam, so daß er Erkundigungen einholen ließ. Sehr bald kam nach dem königlichen Besuch die Mahlerlaubnis.

In der Nacht vom 16. zum 17. Juli 1880 herrschte starkes Gewitter. Der Blitz schlug in die Windmühle ein, zündete aber nicht, sondern zerschmetterte einen F1ügel, einige Radwellen, fuhr durchs Fenster, schleuderte 2 Fensterflügel auf die Erde, riß 2 Balken von der ,,Hemmung" los und warf sie auf die andere Neetzeseite in die Wiesen. Schaden: 280 M.

Nachfolger Heinrich Niebuhr verpachtete die Mühle nach dem Tode seines Sohnes an Hans Heinrich Friedrich Rüter. Als der erste Weltkrieg ausbrach, wurde Rüter eingezogen und kehrte nicht heim. Er zählte zu den Vermißten. Seine Frau Marha, geb. Müller, gab die Mühle ab. 1918 erwarb Paul Malchow, verheiratet mit Anni Oldenburg, den Betrieb. Malchow, ein Müllermeister aus Mecklenburg, modernisierte die Mühle, so daß Turbinen drei Walzenstühle und zwei Schrotgänge antrieben. Zur Lagerung von Getreide baute er 1932 eine Siloanlage. Pro Tag konnten 100 dz, also 5 Tonnen, Getreide verarbeitet werden. Gewinne investierte er in den Betrieb.

Man wählte ihn zum Obermeister der Müllerinnung in Lüneburg. Sein Wissen und Können vermittelte er als Lehrherr weiter. Er war Mitglied im Prüfungsausschuß für Gesellen und Meister.

Ein schwerer Schicksalsschlag traf Paul Malchow, als der Erbe seines Lebenswerkes, Sohn Karl, mit zwei Brüdern im 2. Weltkrieg an der Ostfront fiel.

Er führte die Mühle bis zum 1. Mai 1963 und verkaufte sie dann auf Rentenbasis an die Molkereigenossenschaft. Schon ein Jahr später verstarb er.

Die Mühle, wie bereits erwähnt eine Wassermühle und eine Holländermühle, wurde im zweiten Weltkrieg bei einem schweren Gewitter von einem Blitz getroffen, der die Mühlenflügel lädierte. Die Reparatur sollte nach der Währungsreform 20.000 DM betragen, die Paul Malchow zu dieser Zeit nicht auftreiben konnte. Er beantragte einen Zuschuß zu den Kosten in Hannover bei der Landesregierung. Sie lehnte jedoch eine finanzielle Beihilfe ab, und so mußte das stark beschädigte Windwerk 1953 abgenommen werden.

Ein markantes Wahrzeichen ging damals Dahlenburg verloren, weil die amtierende Regierung, vielleicht aus Geldnot, nicht bereit war, zur Erhaltung beizutragen.

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