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1.1.3.3 Fleckendiener

Über den Fleckendiener zu Dahlenburg:

(Auszug aus den zur Verfügung gestellten Unterlagen des Karlheinz Genzel, Nahrendorf) (8)

Der Fleckendiener war mit Sicherheit eine Institution wie der Magistrat oder die Bürgervorsteher. Nachrichtlich erschien er nur in den Urkunden, wenn es um die Besoldung ging und die entsprechenden Auseinandersetzungen. Der Dahlenburger ,,Rathsdiener, Stadtknecht oder Polizeydiener" war zugleich aber auch Feldpfänder, eine Tätigkeit, die auch vom Amt Bleckede genehmigt werden mußte.

Laut einer Aufstellung von 1737 wird gesagt, was ein ,,Raths-Diener" bekommen würde, wenn man einen hätte:

nachtwächter Lohn

4 Rtr

- ggr

- Pfg

wahrlohn

6

-

-

den baum zu schließen

1

-

-

vor Schuhe

1

-

-

Servis

-

12

-

Contribut

-

18

-

Schatz

-

4

6

Accise

-

18

-

65 haußbacken brodt u. würste

6

18

-

noch von harmdorf 24 bunde

1

-

-

von Dahlem 14 bunde

-

14

-

von buenedorf u. quikborn

-

10

-

wenn ein bürgersohn die burgschaft gewinnt 1 ggr ...)

-

10

-

ein ausländischer 3ggr ...)
Polizey brüche die denunciaten-gebühr rechne zu

6

-

-

Pfande geld rechne zu

3

-

-

 

37 Rtr

8 ggr

6 Pfg

dazu auf der weyde
1 oder 2 kühe
1 oder 2 schwein Schatz Contr. Auch hirtenlohn frey."

Aus dieser Zeit liegt auch der Amtseid für einen Fleckendiener vor; in Dahlenburg damals auch Polizeidiener genannt.

Eid eines Polizeidieners.

,,Instruktion für den Fleckendiener in Dahlenburg

1. Der Fleckendiener hat dem ihm vorgesetzten Königlichen Amte Bleckede und dem Fleckenmagistrate in Dahlenburg den schuldigen Gehorsam zu leisten und die gebührende Achtung zu bezeigen, deren Befehlen und Anordnungen getreuliche auszurichten und den Fleckensbürgern bekannt zu machen.

2. Derselbe hat sich täglich oder, wenn es sonst verlangt wird, bei dem Bürgermeister einzufinden, um dessen Befehle und Aufträge entgegenzunehmen, die Aufwartung bei den Magistrats Sitzungen zu versehen und die ihm aufgetragenen Vorladungen, Insinuationen, Anmahnungen, Einpfändungen, Executionen und Gelderhebungen ohne Ansehen der Person, gegen ihm zugebilligt werdende Gebühr ohne Aufschub vorzunehmen, so wie Inventarisierungen, öffentlichen Versteigerungen und Verkäufen; auch bei Haussuchungen gegen die in der Untergerichts-Sportelntaxe ausgesetzte Gebühr die verlangte Hilfe zu leisten.

3. Derselbe hat alle Frevel und Verbrechen zu verhüten, begangene aber ohne Ansehen der Person, dem Fleckensmagistrate anzuzeigen und zu dem Ende besonders auf die wider die Polizey- und andere dahin gehörige Verordnungen, namentlich gegen die Paß- und Vagabunden-, Feier- und Sabbaths-Verordnungen laufende Vergehen fleißig zu achten, besonders die Wirtshäuser des öfteren regelmäßig aber an Sonn- und Festtagen zu visitiren; die nach 10 Uhr abends darin betroffenen Gäste zum Nachhausegehen aufzufordern und die Säumigen entweder sofort oder Tags darauf dem Bürgermeister namhaft zu machen.

4. Der Polizeydiener hat dagegen überall kein Strafrecht; daher er auch Arrestationen von Personen nicht ohne Autorisation des Fleckensmagistrats vornehmen darf und unbefugt ist, Personen, deren Arrestation, der allgemeinen Sicherheit wegen nöthig scheint dem Bürgermeister oder in dessen Abwesenheit dem Rathmanne zur weiteren Verfügung vorzuführen.

5. Wenn von Seiten der Fleckensvorsteher der Bürgerschaft etwas bekannt zu machen oder deren Zusammen Berufung nöthig ist, hat derselbe auch deren Anordnungen zu genügen.

6. Derselbe hat die Dienstbriefe, welche von Seiten des Fleckensmagistrats an das Königl. Amt Bleckede gelangen sollen, durch Reiheboten zu besorgen und die zum Briefetragen verpflichteten dazu ordnungsmäßig und der Reihe nach zu bestellen und darüber ein genaues Verzeichnis zu führen. Gleichzeitig liegt demselben auch die Bestellung sämtlicher in Fleckens-Angelegenheiten verbraucht und angestellt werdende Dienste, worüber von dem Rathmann ein Verzeichnis geführt wird."

1738 muß Dahlenburg wieder einen gehabt haben, denn über diesen Stadtknecht kamen laufend Beschwerden vom Pastor wie auch vom Magistrat. Die Bürger Dahlenburgs waren aber scheinbar zufrieden mit ihm, denn in den Akten wurde sogar von einer ,,rebellion" gesprochen, als man ihn ablösen wollte.

Bereits 1733 begann ein erheblicher Streit um den Fleckendiener von Dahlenburg, der zugleich auch noch ,,Baumschließer" war und sich nebenbei weitere Einkünfte sicherte. Er war als sogenannter Stadtknecht und Baumschließer Bewohner der Stadtknechtskate am ,,Dahlenburger Tor", das heute abgerissene kleine Haus an der Neetze-Brücke. Dort war zugleich der Schlagbaum, der normal geschlossen gehalten wurde, vor allem nachts. Jeder, der passieren wollte, mußte das Dammgeld (Wegegeld) bezahlen, eine herrschaftliche Gebühr für die ,,Benutzung der Heerstraße". Für diese amtliche Tätigkeit bekam der Stadtknecht 1 Rtr pro Jahr. Nebenbei lief als reine Dahlenburger Einnahme der ,,Impost", eine zusätzliche Gebühr für das Passieren, die aber seltsamerweise nur die Bewohner bezahlen mußten, die zum Amt Bleckede gehörten. Wer passieren wollte, mußte zum Bürgermeister gehen, um sich dort, natürlich gegen Bezahlung, einen Passierzettel ausstellen zu lassen. Bei Vorlage desselben beim Baumschließer ließ er ihn durch.

Sicherlich, schon aus alten Zeiten, hatte sich eine Sitte eingebürgert, die allen Interessen gerecht wurde:

Der Bürgermeister von Dahlenburg, Hartwig Schwerin, beschwerte sich nämlich beim Amt darüber, daß der Fleckendiener und zugleich Baumschließer so viele Brote und Würste erhielt, was durch nichts belegt sei. Er hatte den Verdacht, daß da etwas aus seiner ,,Competenz herauslief und damit nicht in seiner Controlle war". Nach allem muß es bei dieser Regelung geblieben sein, denn 1737 waren die freiwilligen Abgaben unverändert Bestandteil des Lohnes und auch zumindest bis zur Jahrhundertwende Ende 1900 auch noch von allen Bauern ostwärts und nördlich Dahlenburgs bezahlt worden.

1814 ... das Amt des Polizeidieners und Feldpfänders war noch in einer Hand. Der Pastor berichtete an das Amt Bleckede, der Mann sei untragbar und müsse abgelöst werden. Sichtlich ist das auch geschehen, denn am 24.8.1815 berichtete Vogt Buhlert an das Amt: die Wiederbesetzung des Postens sei erforderlich, er fände bloß niemanden dafür. ,,Alte abgestumpfte Soldaten" seien untauglich, brauchbare Unteroffiziere seien noch alle Soldaten, Tagelöhner einstellen empfehle sich nicht, da sie zu viel gemeinsam mit den Bürgern hätten, mit ihnen trinken und sie bei allen möglichen Anlässen dann nicht in Strafe nehmen könnten.

Vogt Buhlert fand am 15.3.1815 den Invaliden Franz Friedrich Schenk, ehem. Soldat aus Thondorf, bereit, den Posten des Polizeidieners und Feldpfänders zu übernehmen. Ihm wurden freie Wohnung und 40 rth Einkommen insgesamt zugesagt. Das Amt stimmte zu, vereidigte Schenk am 4.4.1815 und ordnete gleichzeitig an, daß Schenks Geld zur Hälfte aus der ,,Cämmerei-Casse" und zur anderen Hälfte als Bürgerumlage aufzubringen sei: 12 ggr für Vollbürger, 6 ggr für Halbürger.

Es ging nicht lange gut. Am 10.10.1816 beschwerten sich als Vertreter der Bürger die ,,4 Männer", Schenk, Voigts, Steinfeld und Wickstrumpf, beim Amt über diesen Polizeidiener und stellten Antrag auf sofortige Kündigung, wegen Vernachlässigung seiner Pflichten. Vogt und Bürgermeister Buhlert berichtete jedoch am 13.11.1816 an das Amt Bleckede: Die Beschwerde der Bürgervorsteher sei übertrieben und nahm Schenk in Schutz. Ein längerer Schriftwechsel zwischen Amt und Flecken folgte. Letztlich bat Bürgermeister Buhlert das Amt, da es Schenk eingesetzt und vereidigt habe, um Entscheidung. Inzwischen weigerten sich die Bürger, auf Betreiben der Vorsteher, bereits seit 1 1/2 Jahren, dem Polizeidiener sein Gehalt zu geben. Nun begann ein jahrelanger Rechtsstreit ....

Am 17.3.1839 starb der alte Fleckendiener, Polizeidiener, Feldpfänder und Nachtwächter Schenk. Ein Streit über ein Jahrzehnt war beendet. Das Amt verfügte am 4.8.1839 die Anstellung von Kaiser. Nach dem Geldregister betrug das Einkommen des Fleckendieners ...

,,I.

An baare Besoldung
Es erfolgte aus der Cämmerey-Rechnung und betruf jährlich

8 Rtr

19 ggr

9 Pfg

II.

An sonstigen Emolumenten

     
 

1. Eine Dienstwohnung, wofür der jährliche Pachtwerth zu berechnen sein würde mit

15

10

-

 

2. Ein Stück Ackerland auf den neuen Acker, wofür jährlich zu berechnen sind

1

-

8

 

3. 68 Spint Brodte werden von den verschiedenen Ortschaften des Amtes Bleckede für öffnen des Schlagbaums bey Nachtzeiten geliefert à Stück 4 ggr

11

8

-

 

4. Als Ausrufer hat derselbbe nach einem ohngefähren 5 jährigen Durchsnitt

5

-

-

 

Summa

41 Rtr

14 ggr

5 Pfg"

1845 kam der Fleckendiener sowohl in Dahlenburg als auch öffentlich wieder ins Rampenlicht des allgemeinen Interesses; es ging um die Dienstkleidung.

Bürgermeister und Vogt Uhthoff schrieb am 19.11.1845 an das Amt Bleckede: ,,Seit Pfingsten 1845 trägt der Fleckendiener zu Dahlenburg einen Rock, welcher in Farben und Schnitt der höchsten Orts für die Amts-Unterbediensteten I. Klasse bestimmten Dienstkleidung gleich ist mit dem Unterschiede, daß der Rock anstatt der Dienstknöpfe schlichte blanke Knöpfe enthält, welcher Unterschied aber schon in einiger Entfernung nicht mehr zu bemerken ist." Vogt Uhthoff stellte den Antrag auf umgehende Abhilfe, da dieser Rock seinem Dienstrock zu sehr ,,conform" sei. Das Amt möge diesen Zustand mit Verfügung ändern.

Nach vielem Hin und Her entschied die Drostei im Auftrage der..Königl. Cammer.. am 12.12.1845:

Nach Ablehnung durch die Drostei blieb Dahlenburg bei der bisherigen Dienstkleidung ... blauer Rock mit rotem Kragen, nun aber mit einem Brustschild mit der Inschrift ,,Polizei-Diener zu Dahlenburg". Die silbernen blanken Knöpfe wurden ersetzt durch ,,stoff-umwickelte". Mit Ratsbeschluß vom 22.8.1851 bekam der Fleckendiener zu Dahlenburg aus Fleckenmitteln einen ,,seinem hohen Amt wohlanstehenden neuen Rock".

Sehr langlebig war die Brotabgabe an den Fleckendiener zu Dahlenburg. Es ist nicht mehr feststellbar, wann die einzelnen Höfe ostwärts und nördlich von Dahlenburg diese Gebühr ablösten. Nach einer Privaturkunde löste z. B. der Hof Semmeroth, Oldendorf/Göhrde, sein zu lieferndes Brot am 10.3.1902 mit der Zahlung von 19 Mark 75 Pfg. ab.

Die Namen der Fleckendiener wurden nicht immer genannt. Zum Beispiel verstarb ein Fleckendiener, der Schneidermeister Friedrich Kaiser am 19.10.1870. Mit dem 29.1.1871 übertrug der Magistrat die Ratsdienerstelle dem bisherigen Nachtwächter Wilhelm Sühl, bei einem Gehalt von 40 rth. Der 2. Nachtwächter Hamann war zugleich Feldpfänder und Schlauchwärter.

Im Laufe des Jahres 1871 stellte sich heraus, daß W. Sühl nicht fähig war, zugleich Ratsdiener und Nachtwächter zu sein. Ihm ,,fehlte auch zu einer selbständigen Dienststellung die erforderliche Intelligenz". Ein anderer wurde Nachtwächter und die schriftlichen Arbeiten übernahm der Rechnungsführer Hartmann. Sühl wurde nur noch zu Executionen, Bekanntmachungen und Auspfändungen eingesetzt. Aus Alters- und Krankheitsgründen legte der Ratsdiener Sühl am 3.4.1895 sein Amt nieder.

Der Magistrat setzte sofort dessen noch minderjährigen Großsohn Heinrich Wilhelm Friedrich Grote, bisher als Kellner tätig, zum Fleckendiener ein. Trotz Ablehnung durch das Amt und den Kreisausschuß, beließ der Magistrat Grote im Amt und bestellte ihn endgültig. Wielange er, trotz verschiedener Angriffe aus der Bürgerschaft, das Amt ausfüllte, ist nicht bekannt.

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