
Nach dem Zusammenbruch des napoleonischen Herrschaftssystems tagte 1814/15 der Wiener Kongreß, der versuchte, das ,,Gleichgewicht der Mächte" wieder herzustellen. Die fünf Großmächte England, Österreich, Preußen, Rußland und das besiegte Frankreich garantierten vorläufig den Frieden in Europa, verhinderten jedoch nicht das Machtstreben der Staaten, in denen sich nationale Strömungen immer stärker entwickelten und schließlich den Frieden in Europa gefährdeten.
Im Kurfürstentum Hannover, seit 1815 Königreich, regten sich, wie in anderen deutschen Staaten liberale Kreise, die nach einer Landesverfassung strebten. Träger dieser nationalliberalen Strömungen war das gebildete Bürgertum. Es forderte mehr Rechte für den Einzelnen im Sinne des Liberalismus, wie Freiheit des Gewissens und des Glaubens, Freiheit im politischen Leben und Schutz der Freiheiten durch den Staat.
Die Verfassung in Hannover von 1819 schuf ein Parlament, das sich aus einem 2 Kammersystem mit beratender Funktion konstituiert hatte. Die Mitglieder der ersten Kammer ernannte der König, die Abgeordneten der zweiten Kammer wählte man teilweise nach ihren Berufen, und sie galten als Vertreter des Volkes. König Wilhelm IV. sah ab 1833 umfassende Rechte für die gewählte 2. Kammer vor. So versuchte er durch das ,,Landesgrundgesetz" einen liberalen Kurs zu steuern, den jedoch sein Bruder, nach seinem Tode 1837 Nachfolger, unterband. Er hob das ,,Landesgrundgesetz" auf und rief den Protest der ,,Göttinger Sieben" hervor. Diese 7 Professoren der Göttinger Universität, unter ihnen die Brüder Jakob und Wilhelm Grimm, wandten sich in einem Protestschreiben gegen die Rechtsbeugung des Königs, beschuldigten ihn des Verfassungsbruches und wurden daraufhin am 14.12.1837 aus dem Staatsdienst entlassen.
Mit dem Tode Wilhelm IV. hörte die englisch-hannoversche Personalunion auf. Die Tochter Viktoria bestieg in England den Thron, da hier auch die weibliche Erbfolge galt, während in Hannover nur die männliche Erbfolge bestand, und daher Wilhelms Bruder Ernst August die Königskrone empfing. Sein Nachfolger Georg V. schloß sein Land 1854 dem 1834 gegründeten Zollverein an.
1852 verfügte der König eine Neuordnung der Ämter. An der Spitze eines Amtes stand ein Beamter, der dem Landdrost unterstellt war. Das Amt Bleckede gehörte zur Landdrostei Lüneburg. Am 16. August 1856 erließ die Landdrostei in 70 Paragraphen ein Verfassungsstatut für den Flecken Dahlenburg.
In den Bestimmungen bestätigte man die Grenzen des Gemeindebezirks und ordnete an, daß die Verwaltung der Gemeindeangelegenheiten dem Flecken unterstand und die öffentliche Verwaltung dem Amt Bleckede. Das Bürgerrecht verlieh danach der Magistrat bei Hinzuziehung der Bürgervorsteher, die als Vertreter der Bürger auf 4 Jahre gewählt wurden.
§ 11 des Verfassungsstatuts besagte ,,Für die Gewinnung der Bürgerrechte ist eine Gebühr von 7 Schilling zu zahlen, wovon 6 Sch 20 ggr in die Fleckens Casse fließen, der Fleckensdiener aber die übrigen 4 ggr erhält."
In der Fassung des Statuts von 1890 drückte § 11 den neuen Geldwert aus: ,,Für die Gewinnung des Bürgerrechts ist eine Gebühr von 21 Mark zu zahlen, wovon 20,50 Mark in die Fleckenskasse fließen, der Fleckensdiener aber die übrigen 50 Pf erhält."
Die bürgerlichen Ehrenrechte gingen verloren bei Wegzug und bei Verwicklung in Verbrechen. Das Einwohnerrecht erwarb man über das Wohnrecht. Stimmberechtigt waren nur männliche Bürger über 25 Jahre, die als Hauseigentümer Häusersteuer entrichteten oder eine Landessteuer von ,,mindestens 2 Sch 16 ggr jährlich zahlten". (30)
Neufassung von 1890:
,,§ 18 Das Einwohnerrecht wird nach der Gesetzgebung über das Wohnrecht erworben und verloren. Bei der freiwilligen Aufnahme neuer Einwohner in die Reihe der Gemeindeglieder oder bei Versagung des Einwohnerrechts, sind die Bürgervorsteher vom Magistrat zuzuziehen.
§ 14 Die Einwohner nehmen an allen Rechten theil, welche nicht durch den Besitz des Bürgerrechts bedingt sind.
§ 20 Für die Gewinnung des Einwohnerrechts ist eine Gebühr (Einzugsgeld) nicht zu entrichten."
Kein Stimmrecht erhielten jedoch Männer, die
- ,,in Kosten und Lohn eines Andern stehen,
- in Concurs befangen sind,
- öffentliche Armenunterstützung erhalten oder im letzten Jahr erhalten haben, bis diese erstattet ist,
- zu den Gemeindelasten nicht beitragen oder mit ihren Beiträgen im Rückstand sind,
- nach gesetzlichen Bestimmungen nicht im vollen Genusse der politischen Rechte sich befinden oder endlich wegen eines nach der öffentlichen Meinung entehrenden Verbrechens oder Vergehens bestraft oder in Untersuchung gezogen sind, ohne freigesprochen zu sein.
Zweifel über die entehrende Beschaffenheit eines Vergehens haben Magistrat und Bürgervorsteher zu entscheiden." (31)
Der Magistrat setzte sich gemäß § 25 zusammen aus einem Bürgermeister und zwei Ratsherren. Der Bürgermeister amtierte 12 Jahre, die Ratsherren 6 Jahre. Alle drei Jahre schied einer der Ratsherren aus und zwar beim ersten Mal durch das Los, beim nächsten Mal nach dem Dienstalter. Die stimmberechtigten Bürger wählten die 4 Bürgervorsteher, drei davon mußten Hausbesitzer sein. Magistrat und Bürgervorsteher stellten gemeinsam 1 Ratsdiener und 1 Feldpfänder ein.
Die anderen Paragraphen regelten die ,,Dienstführung des Magistrats"!, bestimmten die Rechte und Pflichten der Bürgervorsteher und sprachen schließlich ,,von dem Fleckens-Vermögen und den Gemeindelasten".
Nach dem Deutsch-Dänischen Krieg 1864, in dem Österreich und Preußen Holstein und Schleswig besetzten, kam es zwischen beiden Staaten zu Auseinandersetzungen, die 1866 zum Krieg führten. Der König von Hannover kämpfte auf österreichischer Seite gegen Preußen und mußte nach dem Sieg Preußens abdanken und sein Land, das eine preußische Provinz wurde, verlassen. Die neuen Herren ließen die Landdrosteiordnung bestehen, richteten aber im Bereich der Landdrostei Lüneburg 7 Kreise ein. Erst 1884 wandelte die preußische Regierung die Ämter in Kreise um mit einer neuen Kreisordnung. Aus den Ämtern Bleckede und Neuhaus bildete sich 1885 der Landkreis Bleckede, an dessen Spitze Landrat August von Harling trat.