
Nach dem Brande der Häuser auf dem Geestrücken siedelten die Bürger im Tal der Neetze, verbreiterten die Sandschwelle, die sich durch das Moor zog, indem sie teilweise Palisaden in den Moorboden zur Befestigung trieben und ihn mit Sand und Erde auffüllten. Beim Erweiterungsbau des E-Werkes stieß man in einer Tiefe von ca. 3 m auf solch eine Anlage.
In einer Statistik um 1600 befanden sich unter 33 Hausbesitzern vier Schneider, vier Schuster, zwei Zimmerleute, zwei Rademacher, drei Grobschmiede, zwei Gastwirte, ein Schlächter, ein Schwarzfärber, ein Töpfer und ein Schlosser.
Der Schwarzfärber Christian Dannemann hatte wenig Arbeit: er besaß ein verschuldetes Haus, wie zwei Bürger auch. In einer Randbemerkung schrieb der Bürgermeister, daß seine ,,Nahrung" schlecht wäre.
Not litten auch ein Riemer und ein Schuster. Der Riemer, Diderich Meyer, trieb trotzdem zwei Pferde, drei Schweine, zwei Schafe und zwei Kühe auf die gemeinsame Weide des Fleckens und der Schuster zwei Kühe, zwei Pferde und zwei Schweine. Diese Tiere sicherten wenigstens einen notdürftigen Unterhalt; denn sie ernährten sich hauptsächlich von der Gemeinweide und im Winter von dem Heu der Gemeinwiesen der Dalenburger Feldmark, die gemeinsam von allen Bürgern genutzt wurden. In anderen Orten gehörten, wenn vorhanden, Gewässer, Wald und Ödland zur Gemeindeflur, zur Allmende und damit zur gemeinsamen Nutzung. (Allmende von althochdeutsch ,,algimeinida") (17)
Die Lage der Bevölkerung verschlechterte sich während des 30-jährigen Krieges, in dem Dalenburg 8 P1ünderungen überstand (s. Abschnitt ,,3.3 Kirchliche Nachrichten"). Durchziehende Truppen raubten nicht nur den Ort aus, sie brandschatzten und quälten die Bewohner besonders, wenn sie keine Wertsachen mehr fanden. Von dieser Not berichtete 1648 Jobst Ernst von Spörcken an das Kloster St. Michael. Die ,,Kaiserliche und die Schwedische Armee" hätten 1644 die Ländereien seines Gutes Dalenburg verwüstet, Tische, Stühle, Bänke und andere Hausgeräte so wie Fenster und Türen zerschlagen und verbrannt, so daß er nur das ,,bloße Leben" behielt. Auch dieses Leben wäre in Gefahr gewesen, wenn ,,Gott ihn nicht behütet hätte, als ein Soldat ihm die Pistole an den Kopf setzte, die dann aber versagte." (18)
Da Spörckens Einnahmen von den ihm ,,pflichtigen Bauernstellen" zurückgegangen waren, konnte er auch seine Verpflichtungen dem Kloster gegenüber, nämlich Hafer und Roggen für das Magazin zu liefern, 1648 nicht einhalten. In der Zeit von 1638-1647 war das Gut Dalenburg beim Magazin in Lüneburg mit 68 rth/48 Himten Roggen und 16 Himten Hafer veranschlagt worden.(l9)
Nach dem 30jährigen Krieg blieben viele Höfe und Bürgerstellen wüst, d. h. unbewohnt, da auch die Einwohnerzahlen infolge Not und Krieg sanken. Pastor Burmeister trug in die Kirchenchronik ein, daß vor dem Krieg 65 Hauswirte, davon 54 Bürger und 11 Einwohner ansässig gewesen wären und nach dem Kriege nur noch 29. Die Zahlen wiesen nicht die Anzahl der Frauen und Kinder auf. Insgesamt lebten im Kirchspiel noch 131 Hauswirte, während vor dem Kriege 205 registriert wurden. Natürlich bedeutete das für die Pfarre, daß die Intraden, d. h. also die Lieferung von Korn und Lebensmitteln, zurückgingen, obwohl das Land der wüsten Stellen teilweise von Nachbarn übernommen worden war.
Mit diesen Abgaben vergüteten Bauern und Bürger den Pfarrer, den Küster, den Organisten und Lehrer für deren Dienste, da sie keine Gehälter vom Staate bezogen.
So lieferten z. B. die 5 Buendorfer Bauern der Pfarre je 1 Wurst und 1 Brot, der Spörckensche Hof und der Horner je 1 Schinken und 1 Brot, der Müller zu Wiecheln und der Müller zu Ellringen zu Michaelis je 1 Stück Fleisch und zu Ostern je 1 Stuten zu 4 Schilling. Andere Höfe gaben Eier, Hühner oder Korn ab, so z. B. Horndorf 6 Himten Roggen.
1 Himten Weizen wog 48 bis 55 Pfd
1 Himten Gerste wog 37 bis 42 Pfd
1 Himten Hafer wog 22,25 bis 32 Pfd
Der Himten (Ht) war ein aus Metall gegossenes zylinderförmiges Maß. Man benutzte es zum Messen trockener Dinge. In Niedersachsen sagte man auch Hempe, Hemte oder Hemethe. Das schwedische Wort haemta bedeutet fassen, halten, das wäre eine Erklärung für das Maß.
Hannover, Hameln, Göttingen, Osterode und Nienburg waren die Eichstädte für den Himten. Mit trockenem Rübensamen gefüllt und abgestrichen, mußte der Samen 39 Pfd 3 1/2 Lot nach calenbergischem Gewicht wiegen, so amtlich geprüft, hatte der Himten das richtige Maß, war geeicht.
Während im Ort der Bürgermeister für Recht und Ordnung sorgte, tat es der Vogt in der Vogtei, später vereinigte man beide Ämter in einer Person.
Beide Amtsträger wachten über ihre Aufgabenbereiche, und daher entstanden oft Kompetenzschwierigkeiten. So ersuchte z. B. 1753 Vogt Wolters das Königliche Amt in Bleckede, den Rat von Dalenburg und Bürgermeister Schwerin zu unterweisen, welche Rechte ihnen zuständen. Schwerin hatte dem Wildpfänder Philip Siemens befohlen, alle Personen, die er auf der Dalenburger Feldmark pfändete, ihm als Bürgermeister zu übergeben. Wolters dagegen meldete dem Amtshauptmann, daß alles, was außerhalb des Ortes geschehe, der Jurisdiktion des Königl. Amtes unterstünde und damit dem Vogt anzuzeigen wäre. Als Ortsgrenze bezeichnete er das Lüneburger Tor im Westen und im Osten das Dannenberger- auch Schuster-Tor genannt, hinter der kleinen Neetzebrücke. Arrestanten durften vom Rat nur bis an die kleine Brücke gebracht werden, wo sie der Vogt in Empfang nahm, um sie an das Amt Bleckede, das seit 1560 diese Bezeichnung trug, zu geleiten. (20)
Im 17. bzw. 18. Jahrhundert hatte man den Amtssitz des Vogtes nach Dalenburg zurückverlegt. Und da die Äcker und die Allmende der Bürger sich außerhalb der Stadtgrenze erstreckten, setzte der Vogt und nicht der Bürgermeister die Hirten ein, die das Vieh der Bürger auf den Weiden hüteten. Sie unterstanden einer Gesindeordnung, wechselte der Hirte seine Stelle, so mußte er einen Ersatzmann stellen.
Als z. B. der Schweinehirt Jürgen Schrader sich eine neue Stelle gesucht hatte, ohne einen Nachfolger zu benennen, richtete 1750 Vogt Wolters an den Amtshauptmann in Bleckede die Bitte, Schrader zurechtzuweisen und seine Dienstzeit um ein Vierteljahr zu verlängern. (21)
Der gemeinsame Hirte achtete auf das Vieh, kannte die genauen Weidezeiten und wußte, wie lange die Weide ruhen mußte. In der Zwischenzeit graste die Herde auf den abgeernteten Äckern, da jeder Ackerbürger sein Land, das im Gemenge lag, zum Hüten freigeben mußte.
Der Hirte war also unentbehrlich für die Dorfgemeinschaft, so lange die Allmende bestand. Die alten Weiderechte fielen fort im Zuge der Liberalisierung, die die Aufhebung der alten Flurverfassung im 17./18. Jahrhundert mit sich brachte und die zu einer Aufteilung der Allmende und zur Verkoppelung der den Bürgern neu zugewiesenen Äcker führte.